Im 21. Jahrhundert ist unsere Welt klein geworden, Entfernungen haben sich relativiert und wir glauben jeden Winkel zu kennen. Auch die Geschichte erscheint uns geläufig. So, als ob wir all die Zeiten aus der Vogelperspektive betrachtet hätten.
Und dann sagt jemand: „Wir machen eine Busreise durch Masuren.“
„Masuren?“, wird jetzt so manch einer denken. „Noch nie gehört.“ Und auf gewisse Weise ist das gut so. Denn noch ist Masuren ein Paradies aus weitgehend unberührter Natur. Noch leben dort Menschen, die wissen was wahrhaftes Glück ist.
Also lassen Sie uns doch einfach starten, starten nach …
Ja, das tut es. Ein Paradies in Polen. Das ist Gerechtigkeit – oder?
Bitte! Lassen Sie uns gemeinsam mit einer Busreise Masuren bereisen. Freuen Sie sich auf eine Woche, in der Sie dieses Land, das gar keines ist, durchstreifen und erleben können. Lassen Sie das Lächeln zurückkehren, denn wir reisen nach Masuren!
Von Göttingen geht es über Frankfurt/Oder nach Posen. Auf halber Strecke ungefähr, kehrt langsam Ruhe in Ihre Reisegesellschaft ein. Die Reise hat endlich begonnen.
Poznań ist die Hauptstadt der Województwo Wielkopolskie (Woiwodschaft Großpolen), der zweitgrößten Provinz Polen. Wenn man sich so umschaut, ist es schwer zu glauben, wie wechselvoll die vergangenen fünf Jahrhunderte für diese Stadt waren.
Im 16. Jahrhundert war Posen eines der wichtigsten Handelszentren des Landes und gab annähernd 30.000 Menschen Heimstatt. Heute leben dort etwa 4,6-mal so viele Menschen wie in Göttingen. Die Stadt boomte und so ließ man von 1550-1567 das (Alte) Rathaus von dem Tessiner Giovanni Battista di Quadro aus Lugano im Renaissancestil umbauen.
Die Bazylika archikatedralna św. Piotra i św. Pawła w Poznaniu ist gleichzeitig eine der jüngsten Kirchen und die älteste Kathedrale Polens. Als Symbol für die Anfänge der Christianisierung war die erzbischöfliche St.-Peter-und-Paul-Kathedrale sowohl den Königen der Piastendynastie als auch den Bischöfen und Erzbischöfen Posens die letzte Ruhestätte.
Es gibt hier während einer Busreise Masuren so viel zu sehen und so viel zu wissen, doch geht die Reise weiter.
Die Hauptstadt der Województwo Pommern ist an der Ostsee, genauer der Danziger Bucht gelegen. Was Sie heute von der Altstadt sehen, wurde während des Zweiten Weltkrieges fast vollkommen zerstört, in der Nachkriegszeit jedoch wieder soweit wie möglich rekonstruiert.
Besuchen Sie die gotische Kathedralbasilika der Himmelfahrt der Allerheiligsten Jungfrau Maria (1343-1502), eine der größten Hallenkirchen und das zweitgrößte evangelisch-lutherische Gotteshaus (bis 1945) weltweit.
Lange Jahrhunderte war die römische Kirche auch in Polen vorherrschend. Kriege, Neuansiedlungen und Reformation brachten jedoch Veränderungen mit sich: Die in den Posen, Pommern, Łódź und Wolhynien angesiedelten Deutschen waren in der Mehrzahl evangelisch. So wurden in der Marienkirche bis 1525 katholische Messen gelesen, dann gab es ein Jahr lang lutherische. Ab 1526 durfte evangelisch gepredigt aber nur nach katholischer Art das Abendmahl gehalten werden. Im folgenden Jahr wurde dies ausgeweitet und nun konnte das Abendmahl sowohl katholisch als auch evangelische gehalten werden.
Der Tag der Busreise Masuren neigt sich dem Ende und bevor es am nächsten Tag weiter in die Masuren geht, genießen Sie noch bitte ganz in Ruhe das Flair der Dreistadt Gdańsk (Danzig), Gdynia (Gdingen) und Sopot (Zoppot).
Falls Sie den Beitrag der letzten Woche verpasst haben, dann schauen Sie unbedingt einmal hier vorbei um alles über die Trends der Rundreisen in 2019 zu erfahren!
Fahren Sie während Ihrer Busreise Masuren auf dem Oberlandkanal und erleben Sie ein technisches Meisterwerk, das heute unter Denkmalschutz steht. Eine Verbindung des ostpreußischen Oberlandes mit der Ostseeküste war der Plan. Problematisch waren dabei allerdings die knapp 100 Höhenmeter, die es auf einer Strecke von 9 km zu überwinden galt.
Dazu entwickelte Georg Steenke das Prinzip der geneigten Ebenen. Mithilfe von Standseilbahnen und Schienenwagen werden die Schiffe aus dem Wasser gezogen, einige hundert Meter gezogen und wieder ins Wasser gelassen.
Hört sich gar nicht so schwierig an, doch galt es dabei Höhenmeter von 13 bis 25,5 m auf Strecken von 350 – 550 m zu überwinden. 1860 erfolgte die offizielle Einweihung des Kanals, auf dem heute Touristenschiffe fahren.
Heute haben Sie viel vor – die Zeit fliegt nur so vorbei und hetzen will sich ja auch niemand. „Nicht bummeln.“, würde Percy Weasley jetzt in der Welt von Harry Potter in Hogwarts zu den jungen Zauberern sagen. Ihre Zauberkräfte mögen vielleicht anderer Natur sein, doch eines gilt hier für alle: „Nicht bummeln.“
Auf geht es nach Mrągowo (Sensburg), einem beliebten Ferienort in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren. Gelegen ist die Stadt am Rande der Masurischen Seenplatte im früheren Ostpreußen, genauer am See Czos. Die Sensburger Seeplatte selbst zählt achtzehn Seen und jeder einzelne wird von dem Fluss Krutynia durchflossen.
Namensgeber war wohl eine ältere Siedlung, die sich dort vor dem 14. Jahrhundert befunden haben soll. Während einer Stadtführung erkunden Sie die Sehenswürdigkeiten und erfahren allerlei über die geschichtliche Bedeutung dieser Stadt.
Doch bitte bedenken Sie bei aller Begeisterung: „Wir haben doch keine Zeit.“ Das wusste schon der Hase aus Alice im Wunderland.
Hier soll im 14. Jahrhundert ein Mann eine Madonna an einer Linde aufgehängt haben. Das war sein Dank dafür, dass er der Todesstrafe – aufgrund einer Begnadigung – entgangen war. An dieser Stelle geschahen dann – laut Überlieferung – mehrere Wunder.
Wallfahrer strömten herbei und ließen sich weder von der Reformation noch Zerstörung aufhalten. 1617 wurde die Kapelle an der alten Stelle neu aufgebaut und – da der Strom der Pilger nicht abriss – zwischen 1687 und 1790 immer wieder erweitert. Das Ergebnis sehen Sie bald in Natura und es wird sich lohnen!
Ein Highlight während der Busreise Masuren wird sicherlich das Orgelspiel werden. 3.960 Orgelpfeifen klingen aus der fast 300 Jahre alten Orgel, die der Orgelmacher Johann Josua Mosengel aus Königsberg von 1719 bis 1721 erbaute.
An diesem Tag warten noch Rastenburg und die Wolfsschanze sowie Lötzen, das Seglerparadies auf Sie. Also: „Nicht bummeln.“
Jetzt ist dann auf der Busreise Masuren doch wieder etwas mehr Geruhsamkeit eingekehrt und so können Sie sich auf einen Ausflug in die Johannisburger Heide freuen.
In Mikołajki werden Sie Halt machen, an einer Stadtführung teilnehmen können. Nikolaiken liegt an einem Arm des Śniardwy (Spirdingsees), des größten der masurischen Seen und bietet sich somit für die optionale Masurenschifffahrt gerade zu an. Fragen Sie nach der Sage vom Stinthengst, der auch das Wappen dieser Urlaubsstadt ziert.
Am 18. Mai des Jahres 1887 wurde der deutsche Schriftsteller Ernst Wiechert in der Heide geboren, genauer im Forsthaus Kleinort. Er war Schriftsteller und Lehrer, diente im 1. Weltkrieg und wurde sowohl mit dem EK II als auch dem EK I ausgezeichnet. 1933 zog er ins oberbayerische Ambach und widmete sich nur noch dem Schreiben.
Seit 1934 stand er unter Aufsicht der Gestapo und machte sich beim Regime auch in den folgenden Jahren nicht beliebt. Schließlich verschaffte man ihn am 4. Juli 1938 in das Konzentrationslager Buchenwald aus dem er aber bereits Ende August des gleichen Jahres entlassen wurde.
Wiechert war von den 1930er bis in die 1950er Jahre einer der meistgelesenen deutschen Autoren im In- und Ausland. Und so erhoben sich – nach seiner Verschleppung – lautstarke Stimmen, die seine Freilassung forderten.
Am 11. November 1945 kam jedoch seine Zeit der Abrechnung, als er im Münchner Schauspielhaus er eine Rede an die deutsche Jugend hielt. Dennoch stießen seine Worte auf Unverständnis.
Mitten im größten zusammenhängenden Waldgebiets Polens der Puszcza Piska, liegt Johannisburg – oder Pisz, wie die Stadt heute heißt. Über den Fluss Pissek und dem Ros-See ist die Stadt auch an die großen masurischen Seen angeschlossen, was für die touristische Schifffahrt vorteilhaft ist. Besonders sehenswert sind hier die Häuser und das gotische Rathaus am Marktplatz, die die Zerstörungen der 1940er Jahre überstanden haben.
1233 vom Deutschen Orden gegründet, entwickelte sich die Stadt an der Weichsel in Westpreußen zu einem Handelszentrum, schloss sich im 14. Jahrhundert dem Hansebund an und – nach einer Rebellion gegen den Orden – 1466 dem polnischen König an.
Während der Stadtführung werden Sie bestimmt die barocke Heiliggeistkirche am Alten Marktplatz besichtigen und auch dem Altstädtischen Rathaus zumindest einen Blick zuwerfen. Dieses wurde im 13. Jahrhundert erbaut, dann aber noch fünf weitere Jahrhunderte im Barockstil umgebaut.
In der vergangenen Woche haben Sie mit der Busreise Masuren viele Orte sehen und Geschichte hautnah nachempfinden können. Doch was ist mit den Menschen, den Masuren?
Ursprünglich waren sie freie und von Polen unabhängige Menschen, die südlich der preußischen Grenzen bis über Warschau hinaus siedelten. Doch wurden sie über die Jahrhunderte hinweg zum Spielball der Mächtigen. Zwangsweise angesiedelt, dann wieder vertrieben – es war ein ewiger Kreislauf.
Heute leben die Masuren in dem Gebiet, das Sie in der vergangenen Woche grob kennenlernen konnten. Sie sprechen polnisch mit Einschlägen all jener Sprachen, mit denen sie und ihre Väter aufgewachsen sind. Ihr Land wird wieder einmal von anderen bevölkert – Touristen heißt der Stamm heute – doch jetzt können mitreden und es gibt genügend, die genau das tun.
Doch eins haben sie uns voraus. Sie wissen, wie man Landschaft erhält, mit der Natur lebt und dennoch, sind sie keine Hinterwäldler. Sie haben es gesehen …
In der letzten Woche haben Sie ein Paradies bereist, ihre Seele baumeln lassen und vielleicht auch eine besondere Ruhe, eine Art Frieden gefunden.
Auch wenn es viele wundervolle Flecken auf unserem Globus gibt, Masuren ist
… anders,
… besonders,
… einfach mehr.
„Ja“, werden jetzt einige gedankenverloren sagen, „das stimmt wirklich.“
Schön, dass Sie es auch so empfunden haben!
Schön, dass Sie Masuren mit seinen unbestimmbaren Grenzen noch erfahren konnten!
Ja. Noch!
Denn in Warschau gibt es längst Pläne, dieses geschichtsträchtige und doch unberührt wirkende Land „zu erschließen“. Von Industrialisierung ist die Rede und was das heißt, wissen wir alle.
- Angela Schmitz